Bei der Kinderlähmung, auch Poliomyelitis oder kurz Polio genannt, handelt es sich um eine Virusinfektion, die fäkal (als Schmierinfektion über den Stuhl) oder als Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch erfolgt. Die Inkubationszeit beträgt drei bis sechs Tage, im Stuhl werden noch wochenlang Erreger ausgeschieden.

Die Symptome sind zunächst oft uneindeutig, wie z.B. Fieber, Übelkeit, Durchfall, oder bleiben sogar ganz aus. Dieser „stumme“ Krankheitsverlauf ist sogar die Regel: bis zu 90% der Erkrankten bemerken die Infektion gar nicht, sind dann aber gegen diesen einen Poliovirus (man kennt drei) immun. Gelegentlich kommt es allerdings zu schweren Verläufen mit Lähmungen in Armen und Beinen. Eine besonders gefürchtete Komplikation ist die Lähmung der Atmung; diese Patienten müssen dauerhaft beatmet werden.

Häufig erfolgt ein Rückgang oder zumindest Besserung der Lähmungen nach einigen Jahren, oft treten aber auch noch nach Jahrzehnten wieder zunehmend Krankheitserscheinungen auf (Post-Polio-Syndrom). Ursächliche Behandlungsmöglichkeiten gegen die Krankheit gibt es nicht.

Polio-Viren waren bis zur Einführung der flächendeckenden Schluckimpfung Anfang der 60er Jahre in Deutschland und weltweit sehr verbreitet, ähnlich Erkältungsviren. Daher sind die meisten Menschen auch bereits im Kindesalter damit in Kontakt gekommen, obwohl prinzipiell die Ansteckung auch im Erwachsenenalter möglich ist, weswegen der Name „Kinder“lähmung etwas irreführend ist.

In der BRD wurde 1962 (DDR 1961) damit begonnen, mittels öffentlicher Aufklärungskampagnen die Bevölkerung zu der damals eingeführten Schluckimpfung zu bewegen. Die Impfungen waren kostenlos und freiwillig und wurden für alle Personen ab drei Monaten bis zu 40 Jahren angeboten. Waren 1961 noch 4500 Menschen mit schweren Symptomen erkrankt, ging die Anzahl der Neuerkrankungen bereits innerhalb eines Jahres um 90% zurück; von 1963 bis 1977 traten in der Bundesrepublik insgesamt nur noch 199 schwere Fälle auf, seit 1987 gibt es keine einheimischen Polio-Fälle in Deutschland mehr. Weltweit ist die Krankheit aber noch nicht ausgerottet.

Seit 1998 wird die Schluckimpfung gegen Polio nicht mehr empfohlen: da es sich um eine Lebendimpfung handelte, sind in geringem Ausmaß Personen durch die Impfviren selbst erkrankt. Seither wird mit inaktivierten Erregern im Rahmen der Grundimmunisierung als Teil der Sechsfachimpfung geimpft, Auffrischungen sind alle zehn Jahre nötig.